Umfrageteilnehmer auf ihrem Mobilgerät zu erreichen bietet den großen Vorteil, mehr Nutzer unmittelbarer und unabhängig von deren Aufenthaltsort und deren Arbeitszeit ansprechen zu können. Diese Flexibilität wiederum stellt die Marktforschung vor neue Herausforderungen. Welche Faktoren beeinflussen also eine Befragung per Smartphone und wie ist ihnen zu begegnen?
Aufmerksamkeitskonkurrenz auf dem kleinen Bildschirm
Mobil heißt:
- Der Standort des Nutzers ist variabel.
- Anders als am Desktop-PC lenkt die Umgebung häufig ab.
- Auch das Endgerät selbst lenkt ab – etwa durch Anrufe, Chats oder Benachrichtigungen von Apps.
- Smartphones werden zweckgebunden eingesetzt und erfüllen eine Unterhaltungsrolle.
Gerade in Bezug auf den letztgenannten Aspekt ist fraglich, ob die klassische Marktforschung dem mobilen Nutzer zweckdienlich und unterhaltsam erscheint. Generell zeigt sich, dass eine mobile Umfrage in Konkurrenz zu potenziell unendlich vielen anderen Reizen auf dem Smartphone oder Tablet steht.
Mehr als technische Lösungen
Der erste Ansatz, um die Aufmerksamkeitsspanne eines Smartphone-Nutzers im Rahmen einer mobilen Befragung zu verlängern, ist natürlich die Mobiloptimierung des Fragebogens. Wenig Ladezeit, knapper Umfang, prägnante Fragen, übersichtliche Antwortmöglichkeiten, leichte Klickbarkeit sind hier die wichtigsten Schlagworte.
Aber reicht eine rein technische Lösung aus? Um hochqualitative und umsetzbare Forschungsergebnisse zu erhalten, ist schließlich kein uferloses Einkürzen eines Online-Fragebogens, der ursprünglich für die Bearbeitung am Desktop konzipiert war, möglich.
Die Verwendung von Apps
Ein möglicher Ansatz ist das Etablieren einer App. In dieser können – anders als im Browser – zum Beispiel erteilte Genehmigungen, persönliche Daten oder auch der Zwischenstand einer Befragung gespeichert werden, was dem Nutzer das Ausfüllen und auch mehrfaches Teilnehmen erleichtert. Auch was Darstellungsmöglichkeiten und Design anbelangt, hat ein Anbieter bzw. Fragesteller in einer App mehr Möglichkeiten. Ein mithin kostenintensiver Nachteil ist der Entwicklungs- und Pflegeaufwand einer App. Zudem ist der Nutzer immer wieder gefragt, Updates nachzuladen. Wie lange die heute breite App-Landschaft noch bestehen wird, sobald sich der ultraschnelle Mobilfunkstandard 5G durchgesetzt haben wird, steht auf einem anderen Blatt.
Durch die psychologische Brille betrachtet
Eine App bietet also durchaus mehr Möglichkeiten, Nutzergewohnheiten entgegenzukommen. Ein großes Problem allerdings bleibt in psychologischer Hinsicht bestehen, wenn klassische Fragetypen in kleine Anzeigemedien „gepresst“ werden.
Ein Beispiel: Eine übliche Antwortmöglichkeit ist eine zehnstufige Skala. Auf einem großen Desktop-Bildschirm wird sie horizontal dargestellt. Dies entspricht unseren Lese- und Denkgewohnheiten – es wird sozusagen von links nach rechts räsoniert. Ein Smartphone-Display verlangt der Usability wegen aber eine vertikale Darstellung. Dies mag zum einen eine ungewollte Abstufung inkludieren (Stufe 1 ganz oben ist „mehr wert“ als Stufe 10 ganz unten), zum anderen ist davon auszugehen, dass es Usern zu umständlich ist, nach unten zu scrollen, auch wenn sie am Desktop eigentlich Stufe 10 wählen würden, und sie somit eine unwahre Angabe machen.
Gänzlich neue Formen nötig
Dieses Beispiel zeigt, dass im Rahmen mobiler Befragungen ganz neue Interaktionsformen nötig, aber auch möglich sind. Traditionelles (Papier-)Fragebogendesign, das in seiner klassischsten Form aus den Anfängen der Marktforschung stammt (die Likert-Skala wurde beispielsweise in den 1930er Jahren entwickelt), stößt hier deutlich an seine Grenzen.
Wenn Marktforschung sich immer stärker auf mobile Endgeräte verlagert, warum dann nicht alle technischen Möglichkeiten dieser Geräte nutzen? Die integrierten Kameras beispielsweise können Fotos als Antworten bereitstellen, ebenso wie Videosequenzen; Mikrofone bieten die Möglichkeit von Audioantworten bzw. Speech-to-Text-Daten; GPS und weitere ins Smartphone und Tablet eingebettete Technologien liefern Daten, für deren Erhebung der Nutzer gar nicht aktiv werden muss. Dies sind nur einige Beispiele für den großen Nutzungsradius von mobilen Endgeräten in der Marktforschung, die sich weit vom klassischen Fragebogensetting entfernen.
Fazit
Teilnehmern die Möglichkeit zu geben, eine Umfrage mobil statt nur am Desktop-PC auszufüllen, sollte heute Standard sein. Zwar existieren allerlei Störfaktoren, die den Nutzer dazu bringen könnten, seine Bearbeitung unterwegs abzubrechen; um eine möglichst breite Zielgruppe zu erreichen, ist dies aber in Kauf zu nehmen. Grundsätzlich besteht allerdings die Frage, ob das klassische Fragebogendesign, das lediglich in technischer Hinsicht an Smartphones angepasst ist, noch lange Bestand haben wird. Möglicherweise sollte Marktforschung hinsichtlich progressiver Interaktionsformen langfristig ganz neu gedacht werden.
Jedoch eignet sich nicht jede Umfrage für die mobile Teilnahme. Mit unserem interaktiven Test „MobileScore“ finden Sie in wenigen Sekunden heraus, ob sich Ihr Forschungsdesign für eine Anwendung auf mobilen Endgeräten eignet.
Falls sie mehr zu Mobil vs. Desktop erfahren möchten, gibt Ihnen unsere Dreiteilige Blog-Reihe weitere Informationen:
Zum Blogbeitrag „Mobil vs. Desktop – Teil 1“
Zum Blogbeitrag „Mobil vs. Desktop – Teil 2“
Zum Blogbeitrag „Mobil vs. Desktop – Teil 3“