Eine mobile Befragung stützt sich gemeinhin lediglich auf denselben Fragebogentypus wie eine Online-Umfrage oder eine Papiervariante, wenn auch in mobiloptimierter, verknappter Form. Damit sind aber längst nicht alle technischen Möglichkeiten von Smartphones und Tablets ausgereizt. Wie kann über mobile Endgeräte noch interagiert werden?
Neue Technologien – neue Chancen für die Marktforschung
Mobile Geräte bieten vielerlei neue Interaktionsoptionen – und das in standardisierten Formaten. Üblich sind eine oder mehrere Kameras, Mikrofon, Lautsprecher, Kreiselsensor („Gyroskop“), der Richtungsänderungen und Standort präzise bestimmt, sowie GPS, Bluetooth, NFC („Near Field Communication, Stichwort „kontaktloses Bezahlen“) und vieles mehr. Letztgenannte Technologien ermöglichen das Sammeln von Daten, ohne dass der Besitzer des Smartphones aktiv werden müsste. Im Folgenden werden einige der mobilen Interaktionsmöglichkeiten und ihre Chancen für die Marktforschung beleuchtet.
Fotos, Videos und Audiofiles als Antwortformat
85 Prozent aller Fotos weltweit werden heutzutage mit dem Smartphone gemacht. Eine Milliarde Menschen weltweit nutzen aktuell die Fotoplattform Instagram, 15 Millionen davon in Deutschland. Die Nutzung des Smartphones als Foto- und Videokamera schließt sich unmittelbar ans Telefonieren an. Fotos und Videos als Antwortmöglichkeit in einer mobilen Befragung zu verwenden liegt nur allzu nahe. Der größte limitierende Faktor dabei ist die Auswertbarkeit solcher Daten, für den noch zuverlässige automatisierte Prozesse entwickelt werden müssen. Videosequenzen werden aktuell bereits zumindest als authentische Kundenstimmen in Auswertungspräsentationen eingebaut. Die Hürde der großen Datenmengen, die drahtlos übertragen werden müssen, wird vermutlich spätestens mit Einführung des 5G-Mobilfunkstandards flächendeckend genommen sein.
Auch im Hinblick auf Audiodateien ist noch Entwicklungsarbeit nötig, bis aus einer Sprachaufnahme automatisch verwertbarer, zuverlässiger Text entsteht. Dann aber ist die Hemmschwelle für solche Personen deutlich gesenkt, die sich nicht gerne schriftlich ausdrücken oder den Aufwand des Tippens scheuen.
Neue Fragetypen
Wie bereits erwähnt, wird bei einem bloßen Anpassen einer klassischen Umfrage an die Bildschirmgröße eines Smartphones großes Potenzial verschenkt. Mobile Endgeräte bieten auch hinsichtlich der Fragetypen vielerlei neue Möglichkeiten – weit über klickbare Skalen und Ja-/Nein-Checkboxen hinaus.
- Grafische Unterstützung
Zu bunt und detailreich sollte es nicht werden, aber eine thematisch sinnvolle grafische Gestaltung einer Skala kann den Spaß an der Bearbeitung und damit das Komplettieren der Umfrage fördern. - Audiovisuelle Unterstützung
Während immer mehr Menschen mit ihren mobilen Endgeräten verbal interagieren, liegt im Angebot eines Interviewer-Avatars eine große Chance – vor allem für Zielgruppen, die nicht gut oder gar nicht lesen können. - Wischfragetypen
Der Touchscreen von Smartphones und Tablets bietet freilich nicht nur die Möglichkeit des Klickens per Fingertipp, sondern auch das Wischen. Angelehnt an die Funktionsweise der Dating-App Tinder können in einer Umfrage durch Wischen nach rechts (Zustimmung) oder links (Ablehnung) Antwortmöglichkeiten schnell und unaufwendig sortiert werden. - Bewegungsfragetypen
Dank des schon erwähnten Gyroskops – hier in der Funktion einer Wasserwaage – kann die Beantwortung von Ja-/Nein- oder Zustimmungs-/Ablehnungsfragen auch durch seitliches Kippen des Smartphones erfolgen.
Reaktiv oder nicht-reaktiv?
Überdies kann sich die Marktforschung im Rahmen mobiler Umfragen auch nicht-reaktive Daten zunutze machen. Die Geoposition oder weitere spezifische Nutzungsprofile sagen sehr viel über die Zielpersonen aus, ohne dass diese klicken oder anderweitig interagieren müssen. Sie nutzen lediglich ihr Telefon in gewohnter Manier – die nicht-reaktiven Daten entstehen ganz nebenbei. Stichworte wie Emotionsanalyse und Eyetracking per Kamera sprechen für umfassende, noch nicht genutzte Potenziale der Marktforschung.
Fazit
Klassische Fragetypen, die in ihren Ursprüngen aus der Zeit der papiernen Umfragen stammen, aufs Smartphone zu übertragen, verschenkt immens viel Potenzial. Mobile Endgeräte bieten eine Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten, die teils schon etabliert und effizient auswertbar sind, teils aber noch Entwicklungsarbeit benötigen, um automatisiert aufbereitet werden zu können. In jedem Fall sollten moderne Mobilbefragungen den Nutzergewohnheiten entgegenkommen.
Jedoch eignet sich nicht jede Umfrage für die mobile Teilnahme. Mit unserem interaktiven Test „MobileScore“ finden Sie in wenigen Sekunden heraus, ob sich Ihr Forschungsdesign für eine Anwendung auf mobilen Endgeräten eignet.
Falls sie mehr zu Mobil vs. Desktop erfahren möchten, gibt Ihnen unsere Dreiteilige Blog-Reihe weitere Informationen:
Zum Blogbeitrag „Mobil vs. Desktop – Teil 1“
Zum Blogbeitrag „Mobil vs. Desktop – Teil 2“
Zum Blogbeitrag „Mobil vs. Desktop – Teil 3“
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